Ich habe das Gefühl immer häufiger zu hören, dass Pferd/Mensch traumatisiert ist. Ständig werden Menschen von etwas getriggert. Im Rahmen der PferdeZeit am Deister (DAS Treffen für Pferdemenschen, die ihr Pferd gesund und harmonisch trainieren wollen) haben wir uns von einer Psychotherapeutin mehr Infos geholt. Was ist eigentlich ein Trauma? Wie zeigt es sich? Ist es mit einer Angstreaktion zu vergleichen? Was braucht Mensch/Pferd mit Trauma? Und da diese Fragen noch mehr Menschen bewegen, wie ich aus den Reaktionen auf meinen Newsletter gemerkt habe, fasse ich die Erkenntnisse des Abends und einige Ergänzungen hier zusammen.


Hier findest Du den Blogartikel als Podcast

Was ist ein Trauma?

Ein Trauma ist ein Ereignis, das ein Lebewesen nicht verarbeite konnte. Dieses Ereignis wurde als lebensbedrohlich wahrgenommen und es gab scheinbar keinen Ausweg, diesem zu entfliehen. Dabei ist es unerheblich, ob es eine einmalige Situation (Unfall mit dem Anhänger) oder länger andauernde körperliche und/oder psychische Belastung war (gewaltvolle/überfordernde Ausbildung).

Das Trauma an sich ist also die Situation, in der es zur Traumatisierung kommt. Es ist nicht die Folge. Die Folge zeigt sich in der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS).



Symptome

Die Symptome können in zwei Richtungen gehen:

1.) Das Pferd tritt die Flucht nach innen an. Es zieht sich zurück, wirkt depressiv, zeigt wenig Lebensfreude. Es funktioniert irgendwie, aber so wirklich dabei scheint es nicht zu sein. (Achtung, hier sind einige der “braven Pferde” angesiedelt…) Das Pferd erscheint ruhig, innerlich ist der Stress aber so groß (messbar durch Stresshormone und Puls) dass es in diese Schockstarre fällt.

2.) Das Pferd geht in den Kampf. Es lässt Menschen nicht mehr an sich ran, verprügelt andere Pferde. Es reißt sich in bestimmten Situationen immer wieder los, rennt weg. Der Stress ist diesen Pferden schnell anzusehen. Sie wirken angespannt, können scheinbar nicht entspannen und sind immer in Aktion.



Die traurige Wahrheit: Pferde sind in der Regel durch Menschenhand traumatisiert

Das, was Pferde traumatisiert ist in der Regel menschengemacht. So ist für die meisten Pferde das Absetzen zu früh. In der Natur ist es zwar normal, dass sich Jungpferde irgendwann von ihrer Mutter abnabeln. Aber das ist ein Prozess, der sich genau so entwickelt, wie Mutter und Jungpferd es brauchen. Da vergrößern sich Distanzen, findet weniger Kontakt statt. Mit ca. drei Jahren (!!!) müssen Hengste meist die Herde verlassen, da sie dann zur Konkurrenz für den Leithengst werden können. Stuten bleiben meist in der Herde, verlassen sie aber mitunter freiwillig, um mit eine eigenen Familie zu gründen.

Aber auch Anreiten und Ausbildung kann schnell traumatisch werden, wenn die Grenzen des Pferdes überschritten werden. Sowohl körperlich, als auch mental. Die Mentalität des “Höher - schneller - weiter”, die in unserer Gesellschaft vorherrscht tut Pferden (und auch Menschen, aber das ist ein anderes Thema) nicht gut. Es überfordert und sorgt für unwürdige, teils tierschutzwürdige Trainingsmethoden, die Pferde schnell traumatisieren.



Abgrenzung zur Angst

Trauma und große Angst durch schlechte Erfahrungen lassen sich nicht so einfach voneinander trennen. Die Symptome sind sich sehr ähnlich. Einen Unterschied gibt es aber und der steckt im Gehirn und ist nicht so einfach festzustellen:

Bei der PTBS ist das Denken vollständig ausgeschaltet. Das Pferd reagiert nur noch auf seine Instinkte und ist im Überlebensmodus. Bei großer Angst kann Denken möglich sein, sofern es nicht in diesem Moment zu einem so starken Reiz kommt, dass eine Traumatisierung entsteht. Ein Beispiel von uns Menschen: Ein Mensch mit einer traumatischen Erfahrung mit einer Spinne wird bei deren Anblick (auch bei einem Foto) z.B. schweißnasse Hände bekommen, sich massiv anspannen und sofort weglaufen. Es kann sein, dass durch die Retraumatisierung durch den Anblick der Raum gemieden wird oder der Mensch, der das Foto in der Hand hatte. Ein Mensch mit Angst vor Spinnen ist sich bewusst, dass es sich um ein Foto handelt. Er wendet vielleicht den Blick ab, kann aber ohne Probleme im Raum bleiben. Und er kann Reaktionen noch als bewerten (eigentlich gerade unsinnig; was da gerade passieren kann) ohne aber die Reaktion wirklich stoppen zu können.


Desensibilisierung als Gefahr!

Pferde, die vor Dingen Angst haben werden oft mit der sog. Desensibilisierung trainiert. Dabei wird ein ängstigender Reiz so lange aufrecht erhalten, bis das Pferd sich nicht mehr dagegen wehrt.

Auf diese Weise entstehen Traumata in der Ausbildung! Auch bei vorher nicht traumatisierten Pferden!

Denn durch dieses Overfloading (Überfluten mit einem Reiz) lernt das Pferd nur, dass es hilflos ist und es einer Situation nicht entfliehen kann. Also genau das, was ein Trauma entstehen lässt, wie im ersten Abschnitt beschrieben.

Deshalb meine Empfehlung: Hände weg von Desensibilisierung. Und nein, bei einem “Profi” sind die Wirkmechanismen dahinter trotzdem die gleichen. Es gibt keine “gut durchgeführte” Desensibilisierung, bei der die Gefahr einer (Re-)Traumatisierung nicht besteht!



Wie kann ich ein Pferd unterstützen, dass ein Trauma mitbringt?

Das Wichtigste, was es braucht ist Zeit, Geduld und Verständnis. Ein Trauma und Angstverhalten kann durch bedachtes Vorgehen verbessert / geheilt werden. Dir muss aber bewusst sein, dass das nicht von jetzt auf gleich mit einer Einheit erledigt ist. Je nachdem ob Trauma oder Angst, wie lange die Entstehungssituation her ist und wie intensiv es empfunden wurde, desto länger dauert die Bearbeitung.

Für das Pferd ist die Beschäftigung mit dem Auslösereiz emotional herausfordernd und unangenehm. Welcher Mensch stellt sich gern den eigenen Ängsten (Spinnen, Schlangen…)? Das ist unangenehm, macht Angst und es gibt besseres. Wir Menschen entscheiden selbst, wenn wir an unsere Ängste gehen wollen. Bei Pferden treffen wir Menschen die Entscheidung. Die “Motivation” ist also von außen auferlegt und kommt nicht aus dem Pferd. Das macht einen großen Unterschied!

Das Vorgehen zum Auflösen der Angst oder des Traumas sollte so kleinschrittig erfolgen, wie das Pferd es braucht. Ich empfehle dabei unbedingt Unterstützung zu holen. Denn nicht nur für das Pferd, sondern auch für den Mensch ist es eine große emotionale Herausforderung, ein Trauma oder große Angst aufzulösen


Als ersten Impuls gebe ich Dir gern meinen Kurs “Gelassenheitstraining” an die Hand. In diesem Selbstlernkurs erfährst Du, was DU machen kannst, um Deinem Pferd zu mehr Gelassenheit zu verhelfen. Alle Tipps sind anwendbar für Pferde die aus sich heraus einfach unsicher sind, lassen sich aber auch auf das Training mit Angstpferden oder traumatisierten Pferden anwenden.

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